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Überflüssige Ratingersteller
Von Dr. Oliver Everling | 7.Juli 2017
„In den letzten Jahren sind Ratingagenturen, Analyseinstitute u. ä. wie Pilze aus dem Boden geschossen. Daraus resultierend wurde der Markt mit diversen neuen Unternehmensratings und ähnlichen Ansätzen zur Bewertung von (Lebens-) Versicherungsunternehmen geradezu überschwemmt“, schreibt Dr. Jörg Schulz Geschäftsführer der infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH in seinen „infinma news“ Nr. 7 2017.
Diese Analysen haben nach Ansicht von Schulz vor allem eins gemeinsam: „Ihre Vorgehensweise und Systematik ist fragwürdig und in vielen Fällen vor allem dem aktuellen Bestandsmix der meisten Unternehmen nicht (mehr) angemessen. In der Konsequenz hat dann jeder noch so marode Versicherer mindestens ein Verfahren gefunden, bei dem er gut abgeschnitten hat.“ Wenn bei einem LV-Rating einer eher kleinen Gesellschaft wie der Mecklenburgischen (Schulz: „liebe Mitarbeiter / innen und Vertriebler der Mecklenburgischen: bitte nicht persönlich nehmen, es ist auch nicht böse gemeint“) eine drei Mal so hohe Finanzstärke attestiert werde wie der Allianz, dann müsse man sich das Verfahren nicht im Detail anschauen, um zu wissen, dass es unzutreffend sei. „So wurden denn Vermittler und Makler, aber auch Endkunden, mit allen möglichen Gütesiegeln wie Kochmützen, Kronen oder Adlernasen konfrontiert, die sich nicht selten widersprochen haben.
Im Mai 2017 mussten die Versicherer erstmals die nicht unproblematische, sog. Solvenzquoten nach Solvency II veröffentlichen. Strittig sei, ob die Solvenzquote wirklich ein alleiniges Bewertungs- oder Auswahlkriterium für einen Lebensversicherer sein kann. „Unabhängig davon dürften jedoch all die Ersteller der o. g. ‚populärwissenschaftlichen Ratings‘ einen erheblichen Erklärungsbedarf bekommen, wenn plötzlich ein Unternehmen mit sieben Kronen und neun Adlernasen eine Solvenzquote von unter 100% ausweist“, warnt Schulz. Umgekehrt stelle sich auch die Frage, warum ein Unternehmen mit nur zwei Kochmützen eine Solvenzquote von 500% oder mehr haben kann. Das eine habe mit dem anderen allenfalls zufällig etwas zu tun.
Kommt zukünftig eines dieser Ratingverfahren zu einem Ergebnis, das sich mit der veröffentlichten Solvenzquote nur schwer vereinbaren lässt, stellt Schulz dem Ratingersteller die Frage, was er anders gemacht hat und warum sein anderes Ergebnis dennoch seine Berechtigung haben soll. Kommt das Ratingverfahren hingegen zu einem vergleichbaren Ergebnis, ist es redundant. „Die Ratingagenturen verdienen Geld mit dem Verkauf von Gütesiegeln und die Versicherer sehen sich durch ein gutes Rating in Ihrer Arbeit bestätigt. Nach dem Sinn des Verfahrens, der hinter einem werbewirksamen Siegel steht, fragt ohnehin niemand.“
Insofern hegt Schulz die Hoffnung, dass das eine oder andere dieser Verfahren vielleicht zukünftig vom Markt verschwinden könnte. „Dann besteht auch nicht mehr die Gefahr, dass ein Versicherer wenige Wochen bevor er unspektakulär vom Markt verschwindet, noch mit einer sehr guten Unternehmensqualität ausgezeichnet wird.“
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