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USA schon vor der Wahl auf Talfahrt
Von Dr. Oliver Everling | 10.Oktober 2024
Das unabhängige Schweizer Kreditresearch-Unternehmen Independent Credit View (I-CV) veröffentlichte ihre jährliche Länderstudie. Dabei wurden 48 Staaten einer umfangreichen Analyse unterzogen. Insbesondere die Bereiche Geldpolitik & Inflation, Wachstum, Fiskalpolitik und Risiken standen im Fokus der Untersuchung. Die Ergebnisse liefern Anleiheninvestoren Erkenntnisse, in welchen Staaten positive respektive negative Rahmenbedingungen für künftige Investments vorherrschen.
„Die harschen Zinsschritte der Notenbanken zeigen Wirkung und die Inflation nähert sich den Zielwerten an“, schreiben die Spezialisten aus der Schweiz. Die befürchtete Rezession (harte Landung) blieb vorerst aus und eine weiche Landung scheint sich abzuzeichnen. Doch Konsum und Fiskalpolitik als Wachstumsstützen brechen langsam weg. Zudem führt Kaufkrafterosion zu Desillusion mit Politik und zu Auftrieb bei populistischen Parteien. „Mit Blick auf tiefere Zinsen zeigen sich die Kapitalmärkte optimistisch bis euphorisch. Dies trotz erhöhten Zahlungsausfällen bei Unternehmen, steigenden Kreditkartenschulden und verhaltenen Wachstumsaussichten. Dabei verharren die Risikoprämien bei Unternehmen und Staaten unbekümmert auf tiefen Niveaus“, sagt René Hermann, Lead-Autor der I-CV Länderstudie.
Weiter meint Hermann: „Eine Stabilisierung der Schuldenquoten auf hohem Niveau stellt sich langsam ein. Es gelingt aber nur wenigen Staaten, diese nachhaltig zu senken. Besorgniserregend bleibt die Schuldendynamik bei den großen Volkswirtschaften USA, China sowie im Kern Europas Eine Rückkehr zu ultratiefen Zinsen erachten wir als unrealistisch. In Anbetracht hoher Schuldenquoten, schwachem Wachstum, rigidem Ausgabendruck, auslaufender Sonderprogramme und mangelnder Fiskaldisziplin rückt die Tragbarkeit der Schulden wieder in den Fokus Die absoluten Renditeniveaus sind attraktiv und die Anlageklasse dank Rückzug der Notenbanken wieder interessant. Unsere Länderstudie 2024 zeigt aber auch, dass der Ratingdruck bei undisziplinierten Staaten steigt, während die Risikoprämien die anfällige Konstellation und die geopolitischen Unsicherheiten unzureichend reflektieren.“
Die I-CV Länderstudie 2024 vergibt bei den 48 untersuchten Volkswirtschaften – wie bereits 2023 – sechs Mal die höchste Einstufung Triple-A, darunter die Schweiz. Deutschland verlor vergangenes Jahr diese Bestnote. „Im Vergleich zum Vorjahr haben wir fünf Länder zurück- und ebenso fünf Staaten hochgestuft. Prominentestes Beispiel sind sicherlich die USA, welche nun das Rating AA- aufweisen. Aber auch Finnland und Israel zeigten Entwicklungen, die zu Downgrades führten. Mit Spanien und Griechenland sind zwei europäische Länder besser eingestuft worden. Und auch Australien und die Schwellenländer Indien und Philippinen kletterten eine Stufe höher“, so Hermann.
Die Renditen von US-Treasuries befinden sich im Bereich eines 16-Jahreshochs. Dennoch bleibt Vorsicht geboten, da die Risikoprämien der Länder insgesamt ungenügenden Schutz bieten vor den zahlreichen Herausforderungen. „Insbesondere die Geopolitik ist innerhalb der Risikofaktoren zu nennen. Allein schon vier militärische Konflikte haben leider das Potenzial, um für erhebliche Unruhe und in der Folge für Marktverwerfungen zu sorgen. Fragmentierung und Polarisierung in Europa gehören ebenfalls zu den nennenswerten möglichen Unruhe-Faktoren“, sagt Hermann.
Abschließend zieht der Lead-Autor der I-CV Länderstudie folgendes Fazit: „Insgesamt sehen wir die Anleihenmärkte im Spannungsfeld von Inflationsrisiken, Geld- und Geopolitik. Investoren sollten sich daher auf eine erhöhte Volatilität einstellen und berücksichtigen, dass angesichts sich verschärfender Probleme die Risikoprämien zu tief sind. Dazu kommt die geringere Nachfrage nach Anleihen durch Zentralbanken bei weiterhin hohem Angebot. Die Schuldenlast sowie steigende Zinsaufwendungen erhöhen den Ratingdruck und engen den Finanzspielraum ein. In diesem Umfeld wird Europas Peripherie, Italien ausgenommen, für Investoren interessanter, Europas Kern dagegen unattraktiver. Wir bevorzugen Staaten mit hoher Fiskaldisziplin und positivem Schuldentrend, beispielsweise Schweden, Norwegen und Dänemark sowie Niederlande und Irland. Vorsicht ist geboten bei Schwellenländern mit hohen Defiziten und niedrigem Wachstum, etwa bei Südafrika und Mexiko.“
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