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Verschleierungen, Sammelklagen und Insiderhandel bei HRE

Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 12.Februar 2009

Um die Krise bei der HRE in all seinen Facetten zu verstehen, lohnt ein kleiner Rückblick in die Vergangenheit. Mit der Übernahme der Depfa Bank PLC am 23. Juli 2007 ging der Fokus der HRE als Spezialfinanzierer in der gewerblichen Immobilienfinanzierung verloren. Mit der Übernahme änderten sich nicht nur die Geschäftsmodelle beider Banken, sondern und deren Risikogehalt, diese sind in der Staats- und Immobilienfinanzierung recht unterschiedlich. Bereits zu dieser Zeit hat sich niemand daran gestört, dass sich die Bilanz der HRE infolge der Depfa-Übernahme von 162 Mrd. auf 400 Mrd. Euro mehr als verdoppelt hat. Doch das Risikoexposure der HRE hat sich bereits mit der Abspaltung von der Hypo-Vereinsbank im Jahr 2003 erhöht. Gemäß den Zwischenberichten stiegen die Risikoaktiva von 54 Mrd. Euro im Q3 2003 auf 96 Mrd. Euro im Q3 2008, während sich die Eigenmittel im gleichen Zeitraum nur von 6,2 auf 9,3 Mrd. Euro erhöht haben.

Im April 2007 bestand das Funding der Depfa noch je zur Hälfte aus kurzfristigen und langfristigen Forderungsmitteln. Dabei strebte die Depfa an, stets 75% über langfristige und/oder besicherte Verbindlichkeiten zu refinanzieren. Bei der HRE (gewerbliche Immobilienfinanzierung) belief sich der Anteil der langfristigen Verbindlichkeiten bei 68%), während das Kreditportfolio laufzeitenkongruent refinanziert werden sollte. Diese Struktur lief aber bereits im Jahresverlauf 2007 aus dem Ruder, als das Volumen der Interbankenkredite von 24,6 Mrd. in 2006 auf 111,2 Mrd. in 2007/+352% gestiegen war. Zugleich haben sich die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von knapp 25 Mrd. Euro im Jahr 2006 auf 111 Mrd. Euro in 2007 erhöht, 75 Mrd. davon mit einer Laufzeit von bis 3 Monaten. Bis zum dritten Quartal 2008 kletterten die Verbindlichkeiten auf 393 Mrd. Euro. Dabei fällt vor allem der hohe Anteil der kurzfristigen Refinanzierung in Höhe von 45 Mrd. Euro auf. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde deutlich, dass die HRE den Interbankenmarkt und andere kurzfristige, unbesicherte Refinanzierungsmöglichkeiten, wie insbesondere Einlagen von US-amerikanischen Geldmarktfonds, in signifikantem Maße genutzt hat. Zwar verfügte die HRE auch über Repo-Geschäfte (70 Mrd.), die Inanspruchnahme dieser Finanzierungslinie wurde aber wegen der höheren Haircut-Anforderungen schwieriger. Daher konnte nicht überraschen, dass sich die HRE am 29. September 2008 dazu genötigt sah, sich eine umfangreiche Finanzierungslinie zu sichern.

Laut Vorstandsvorsitzendem Georg Funke sollte deren Umfang den Refinanzierungsbedarf der Gruppe auf absehbare Zeit abdecken. Trotz dieser Bekundungen hat am 29. September Bo Heide-Ottosen, Mitglied des Vorstands der HRE Holding AG und Director des Boards der DEPFA Bank Plc in Dublin seine Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Ottosen war zuständig für das Long-Term Funding und Treasury der DEPFA. Auch Paul Leatherdale, Director des Boards der DEPFA Bank Plc verließ die Gruppe mit sofortiger Wirkung. Wenn also der Refinanzierungsbedarf zu diesem Zeitpunkt noch gesichert war, warum denn diese Rücktritte? Sind diese möglicherweise auf die Prüfberichte der BaFin zurückzuführen, die zwischen März und August 2008 beim Bundesfinanzministerium eingegangen sind und von deren Erscheinen der Finanzminister Steinbrück nichts gewusst haben will?

Bedenklich stimmt auch, dass just ein Monat (11.04.2008) nach Eingang des ersten negativen Prüfberichtes der Bafin auf den Cayman Islands die HRE Investment Holding L.P. von J. Christopher Flowers gegründet wurde, zum Zweck des Erwerbs von 24,9 % der Aktien. Da bereits die Staatsanwaltschaft überprüft, ob am 15. Januar 2008 Insidergeschäfte stattgefunden haben, würde es nicht verwundern, wenn Flowers nur abwartet, ob die bisher eingegangenen Sammelklagen vor Gericht gewinnen, damit er weniger Rechtsstreitkosten bezahlen muss, und so einen erheblicheren Profit aus der Sache schlagen könnte (J.C. Flowers & Co. LLC berät eine Investorengruppe, die sich vor allem aus Pensionsfonds, Stiftungen, Staatsfonds und Finanzinstitutionen zusammensetzt, darunter auch zahlreiche deutsche Investoren. Diese Investorengruppe hält aktuell 17 % an der HRE. Ferner werden davon unabhängig 6,7 % an der HRE von Fonds gehalten, die von Grove International Partners LLP beraten werden).

In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass am 13. Januar 2009 eine Sammelklage am Münchner Gericht über insgesamt 5 Mio. Euro eingegangen ist, weil die HRE Group noch 2007 beteuert hatte, nicht in der Finanzkrise zu stecken und am 15. Januar 2008 die Abschreibung der CDO´s einräumen musste. Mit dieser Warnung wurde der Kursverfall der Aktie eingeläutet. Jeder Aktionär, der zwischen 02. August 2007 und 28. September 2008 Aktien der HRE Group gekauft hatte, kann bis einschließlich 28. September 2009 eine Klage einreichen, da bis zu dem Zeitpunkt die Verjährungsfrist, aufgrund der Tatsache, dass am 29. September 2008 die HRE Group die existenzielle Liquiditätskrise bei der DEPFA einräumen musste, noch gilt, und so Schadensersatzansprüche nach dem Wertpapierhandelsgesetz gegen die HRE Group geltend machen.

Laut diversen Zeitungsberichten prüft die Münchner Staatsanwaltschaft seit Februar 2008 auch den Verdacht auf verbotene Insider-Geschäfte. Denn vor der Gewinnwarnung am 15. Januar 2008 sollen hochrangige HRE-Manager im großen Stil Aktien verkauft haben. Damals hatte die Aktie der HRE innerhalb weniger Stunden ein Drittel an Wert verloren, nachdem das Institut völlig überraschend dreistellige Millionenabschreibungen angekündigt hatte. Der Konzern habe bis dahin jede nennenswerte Betroffenheit von der Finanzmarktkrise dementiert und stattdessen betont, gestärkt aus den aktuellen Verwerfungen des Finanzmarktes hervorzugehen. Parallel zu der Überprüfung wegen Insiderhandels untersucht die Anklagebehörde auch, ob die Führung des Konzerns die Lage auch später bewusst unrichtig dargestellt und ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat.

Bislang hat die HRE staatliche Garantien und Bürgschaften von über 100 Mrd. Euro erhalten. Bevor die Bundesbank der HRE weitere Liquiditätslinien zur Verfügung stellt, sollte die Bundesregierung auf eine größere Transparenz bei der HRE drängen, wenn die Bank infolge der Finanzkrise keine Mittel am Geld- und Kapitalmarkt aufnehmen kann. Auch sollte der Bund und die HRE darüber Auskunft geben, wie die geplante Zweckgesellschaft ausgestaltet werden soll, die als Besicherung für die Kreditlinien dienen soll und in der vor allem Staatskredite wie auch die Tochterbeteiligungen eingebracht werden. Ungeachtet dessen sollte der Bund unverzüglich darüber entscheiden, ob die HRE komplett verstaatlicht werden oder ob der Bund nur eine Kontrollmehrheit beanspruchen möchte.

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