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Vertrauenskrise zwischen Banken und Industrie

Von Dr. Oliver Everling | 15.Januar 2009

Die Medien werden zurzeit beherrscht vom Thema der Vertrauenskrise unter den Banken. Damit ist die gegenwärtige Krise jedoch unzureichend umrissen. Dies wurde anlässlich der Podiumsdiskussion „Mehr Staat – weniger Markt“ beim „Topic of the Year 2009″ deutlich: Zu diesem Thema diskutiereten Robert J. Koehler, Vorsitzender des Vorstandes, SGL Carbon AG, Günter Verheugen, Vize Präsident, Europäische Kommission, im Gespräch mit Dieter Balkhausen, Wirtschaftsjournalist und Mitglied der The Group of 20 + 1, wie auch Klaus Dieter Oehler, Stuttgarter Zeitung.

Koehler skizziert die Vertrauenskrise, die nicht nur zwischen den Banken, sondern auch zwischen Banken und Industrie bestehe. Er spricht von den „Schleifspuren“, die das Verhalten der Banken in der Industrie hinterlassen habe. Jahrelang wurden mit dem Hinweis auf das Rating dem Mittelstand dringend benötigte Kredite verweigert, um die Mittel stattdessen in hoch riskanten Papieren zu investieren. Koehler kritisiert die Leichtfertigkeit, mit der die Banken auf die Qualität von Zertifikaten und anderen Finanzinstrumenten vertraut hätten. Dieses Verhalten der Kreditinstitute würde insbesondere der Mittelstand nicht so schnell vergessen.

Koehler wirft aber auch das Verhältnis von Politik und Wirtschaft in der Diskussion auf. „Es gibt kein Land, wo eine derartige Gegenposition aufgebaut wird zwischen Politik und Wirtschaft wie in Deutschland“, sagt Koehler. „Wir machen uns lächerlich, wie wir das in der Öffentlichkeit diskutieren“, sagt Koehler, „das kann nicht sein in der gegenwärtigen Krise“. Verheugen weist darauf hin, dass eine marktwirtschaftliche Ordnung auf unternehmerischer Initiative beruhe. Wenn diese entmutigt und destabilisiert werde, dann sei die Marktwirtschaft in Frage.

Der Markt sei der beste Regulator, um herauszufinden, wer wirtschaftlich der Stärkste ist. Er ist aber nicht der beste Regulator, um auch gesellschaftliche Ziele zu verfolgen, unterstreicht Verheugen. Der Ordnungsrahmen sei Aufgabe der Politik und sei in einem bereiten demokratischen Konsens zu entwickeln. Das habe man eigentlich in Deutschland gelernt. Verheugen kritisiert die „Meinungsbeeinflussungskampagne“, die durch eine bestimmte Schule geprägt sei.

Der Staat kann kein Unternehmer sein, urteilt Koehler. Unternehmerische Freiheit und Geschwindigkeit lasse sich durch den Staat nicht darstellen. Bei Rohstoffen, Energien, Kapital usw. habe man in Deutschland keine Vorteile gegenüber den Emerging Markets. Der Erfindergeist, die unternehmerischen Ideen und Kreativität seien die wichtigste Grundlage. „Wenn diese gefesselt werden, dann gute Nacht Europa“, prophezeit Koehler.

Verheugen warnt davor, für jeden Unternehmenskredit staatliche Garantien zu erwarten. Koehler hält dem entgegen, dass die Kreditkrise existiere: Das Geld, dass den Bank zufließe, komme im Mittelstand nicht an. Koehler unterstreicht, dass das Geld, dass der Staat oben hineinpumpe, unten nicht ankomme. Die Banken würden sich das Liquidität bei den Zentralbanken besorgen und sie gleich wieder dort ablegen. Damit ließen sich aber keine Impulse für die Wirtschaft geben.

Oehler mahnt an, dass die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat der Commerzbank ihren Einfluss geltend machen sollten, für die Durchreichung der Kredite zu sorgen. „Die Kreditversorgung funktioniert nicht“, sagt Koehler. Er erhärtet seine These damit, dass auch andere Experten nicht davon ausgehen würden, dass sich an der Kreditversorgung der Wirtschaft in den nächsten drei Monaten entscheidendes ändern werde.

Die größten Exporteure in China seien amerikanische, japanische, koreanische und ein finnisches Unternehmen, kommentiert Verheugen. Freier Waren- und Kapitalverkehr sei eine Forderung des Westens gewesen. Die Vernetzung der Wirtschaft weltweit sei die Konsequenz. Die Krise beruhe unter anderem auch auf dieser Abhängigkeit von wirtschaftlichen Entwicklungen weltweit.

Koehler mahnt an, dass sich die Banken wieder auf ihre eigentliche Aufgaben konzentrieren müssten, nämlich, „wie versorgen wir den Markt mit Geld“. Die Amerikaner greifen ein: Die Konsequenz sei, es werde mehr Protektionismus geben. Wie sich die Unternehmen auf diese globale Tendenz einstellen werden, sei eine große Herausforderung. „Der Exportweltmeister Deutschland ist passé“, stellt Koehler fest.

Verheugen ist optimistisch, dass sich mit steigendem Wohlstand auch die Schwellenländer auf Wettbewerbsregeln und Regeln über staatliche Beihilfen usw. einlassen werden. „Wir nennen das level playing field“, fügt Verheugen neudeutsch hinzu. Verheugten teilt Koehlers Sorge des Rückfalls in den Protektionismus. Auf Europa bezogen hebt Verheugen hervor, dass das Prüfverfahren europarechtlich zu durchlaufen sei. Die Kommission kann die Genehmigung von Schutzmaßnahmen verweigern. Es seien keinerlei Regeln geändert worden. 27 Kommissare würden keinerlei Möglichkeiten bieten, europäisches Recht zu beugen. „Die Regeln geben genügend Flexibilität, um Feuerwehreinsätze zu erlauben“, diese dürften nun nicht wegen einer Krise in Frage gestellt werden.

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