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Währungsunion bleibt instabil
Von Dr. Oliver Everling | 18.Oktober 2017
Spaltet oder eint der Euro als Währung Europa? Und hat die Währungsunion im Zeichen von Brexit, EZB-Politik, Strukturproblemen und Populismus überhaupt noch eine Zukunft? Über diese Fragen diskutierten namhafte Europa-Experten beim „2. FERI Science Talk“, ausgerichtet vom FERI Cognitive Finance Institute in Bad Homburg.
„Eine wirklich stabile Währungsunion bleibt wohl ein Traum“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Leiter des FERI Cognitive Finance Institute. Die Idee eines vereinten Wirtschaftsraums mit einem stabilen Euro stehe aktuell wie nie zuvor auf der Kippe – auch aufgrund der neuen Vorstöße von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Zwar präsentiere die EU-Kommission immer wieder neue Reformideen, diese seien jedoch realitätsfern oder schlicht weltfremd. „Einen wirklich guten Plan für die Zukunft der Währungsunion gibt es nicht“, so Rapp.
Besonders bedrohlich erscheine das Problem der sogenannten TARGET-Salden. Diese seien – auch durch die Politik der EZB -erneut stark angestiegen. Aus Sicht der stabilen Euro-Länder, darunter Deutschland, repräsentiere dies zukünftig enormes politisches Erpressungspotential. Ob es Politikern gelingt, die Währungsunion künftig wieder auf eine stabile Basis zu bringen, sei mehr als fraglich. Realistische Szenarien seien deshalb eine fragile „Transferunion“, eine Spaltung mit möglichen Austritten einzelner Länder oder auch der komplette Zerfall der Währungsunion.
„Der größte Fehler in Europa war die Einführung des Euro“, betont Felix W. Zulauf, renommierter Schweizer Anlagestratege und Vermögensverwalter. „Man hat Europa damit etwas aufgezwungen, das angesichts der unterschiedlichen strukturellen Ausgangslagen in den Ländern wirtschaftlicher Unsinn ist“. In dieser Form sei die Einheitswährung Wegbereiter für Zentralismus und damit letztlich Sozialismus.
Eine geordnete Auflösung der Währungsunion hält Prof. Dr. Hans Peter Grüner von der Universität Mannheim für undenkbar. „Wir befinden uns in einer Ehe mit erheblichen Ausstiegskosten. Deshalb müssen wir alles daran setzen, um die europäische Währungsunion zukunftsfähig zu machen“. Vor allem im Hinblick auf die südeuropäischen Mitgliedsstaaten und die Forderungen Frankreichs sei es jetzt notwendig, sich flexibel zu zeigen. „Eigentlich ist Europas Wirtschaft über den Berg. Aber die politische Stimmung hinkt der positiven ökonomischen Entwicklung hinterher“, so Grüner, der auch Fellow des Center for Economic Policy Research in London ist.
Dass ein Europäischer Währungsfonds zur Unterstützung der Reformen und zur Lösung der Schuldenproblematik beitragen könnte, hält Prof. Dr. Michael Wohlgemuth von der Universität Witten/Herdecke für denkbar. „Allerdings kommt es auf seine Kompetenzen und die Ausstattung an“. Die EZB werde durch einen solchen Währungsfonds entlastet, fraglich bleibe jedoch die Entscheidungsfindung und die Finanzierung – zumal gerade Deutschland in einem solchen Fonds eine wichtige Rolle als Geldgeber spielen würde.
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass im Zuge der Diskussionen um die Zukunft Europas nicht nur die südeuropäischen Staaten und Frankreichs Präsident Macron den Ton angeben dürften. „Sonst wird Deutschland zum Zahlmeister der Union“, so der Schweizer Investor Felix Zulauf.
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