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Warum der Euro gut für Europa ist
Von Dr. Oliver Everling | 13.November 2012
„Vor einem Jahr war eine klare Mehrheit der Konferenzteilnehmer der Meinung, dass Griechenland bald aus der Währungsunion austreten werde“, erinnert Werner Hedrich, CEO von Morningstar Deutschland und Österreich, zur Einführung der Morningstar Investment Konferenz in Frankfurt am Main. Inzwischen ist es eine kleine Minderheit, die noch an einen Austritt Griechenlands glaubt. Hedrich weist auch darauf hin, dass die teils negative, differenzierte Einschätzung der Assetklassen nicht berechtigt war, denn in praktisch allen Assetklassen Geld verdient werden konnte. Selbst Bundesanleihen hätten noch eine positive Performance gezeigt.
Anne E. Connelly, European Marketing Director von Morningstar Europe Ltd. begrüßt Prof. Dr. Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg, zum Thema „Warum der Euro gut für Europa ist“.
Bofinger argumentiert außerirdisch: Wie würde ein Außerirdischer die Währungen auf der Welt beurteilen? Die Inflation ist vergleichsweise dering, das Haushaltsdefizit des gesamten Euroraums ist gering, auch die Schuldenstandsquote ist nicht höher als in den USA oder Japan. Auch gemessen nach dem Leistungsbilanzdefizit steht der Euroraum mit Überschüssen im Vergleich zu Defiziten in Indien, Großbritannien oder den USA gut da. Bofinger korrigiert einige Vorurteile, die mit der Finanzkrise aufgekommen seien. So könne man „unvorsichtige“ Investoren nicht nur in der Eurozone finden. Auch seien niedrige Zinsen nicht nur im Euroraum gegeben.
Das Grundproblem sei vielmehr die instabile Architektur der Währungsunion. „Die Japaner und Amerikaner haben den Vorteil, dass sie mit ihren Zentralbanken sicherstellen können, dass Investoren ihr Geld in jedem Fall zurückbekommen“, sagt Bofinger. Japan und die USA seien viel eher prädestiniert gewesen, eine Staatsschuldenkrise zu erleiden, argumentiert Bofinger. Es sei der Teufelskreis der Euroänder, die sich aus dem Dreieck Bankenkrise, Staatsschuldenkrise und Eurokrise entwickelt habe, der die makroökonomische Krise begründe, die sich im Wirtschaftswachstum und in den Arbeitslosenquoten auswirke. Die Schuldenstandsquoten in Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen für Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien weiter an, berichtet Bofinger anhand von Zahlen des IWF.
„Der Schuldenschnitt in Griechenland ist an diesen Zahlen gar nicht erkennbar. An einem weiteren Schuldenschnitt wird man daher wohl nicht vorbeikommen.“ Bofinger listet eine Reihe von Verstärkungseffekte der Krise auf. „Sparprogramme würgen die Konjunktur ab. Die Rezession ist kontraproduktiv für die Staatsverschuldung. Verluste bei Staatsanleihen führen zu Verlusten bei Banken. Staatsgarantien für Banken erhöhen die Staatsverschuldung. Schwache Banken vergeben keine Kredite. Die schlechte Konjunktur erhöht den Abschreibungsbedarf.“
„Prozyklische Politik ist das größte Risiko“, warnt Bofinger und blendet Reichskanzler Heinrich Brüning ein, der mit der Sparpolitik von 1930 bis 1932 katastrophale wirtschaftliche wie auch politische Folgen bewirkt habe. „Wir haben nur mit der EZB Entspannung hinbekommen“, sagt Bofinnger anhand der Statistik. „Die EZB hat eine ganz andere Ausrichtung als Fed, BoE oder BoJ, denn die EZB sei sehr stark auf Bankenstabilisierung ausgerichtet sei. Die BoE halte praktisch nur noch Staatsanleihen.“ Bofinger kommentiert das Auseinanderlaufen der Renditen 10-jähriger Anleihen. Während im Euroraum diese noch auf relativ hohem Niveau seien, sinken diese wegen der Politik der Notenbanken in Großbritannien und in den USA.
Die „Outright Monetary Transactions“ werden mit dem gestörten Transmissionsprozess begründet. Die Renditen 10jähriger Anleihen Spaniens und Italiens gehen weiter nach oben, für Deutschland nach unten – bei einem historisch niedrigen Tagesgeldzins (EONIA). „Die Geldmenge M3 läst keine Inflationsgefahr erkennen“, sagt Bofinger. Die Steigerung der Geldbasis sei kein Problem, da diese der Liquiditätssicherung der Banken diene. „Die Arbeitslosigkeit verhindert Inflation. Rätsel Japan: Wieso führt hohe Staatsverschuldung nicht zu Inflation?“ Bofinger erklärt das Phänomen damit, dass Staatsverschuldung auch mit Deflation einhergehen könne. Wenn das Bankensystem schwach sei, erfordere dies hohe Staatsverschuldung, ohne dass diese zu Inflation führe, glaubt Bofinger. Japan, Spanien, USA, der gesamte Euroraum – überall bilde der private Sektor ein hohes Geldvermögen.
Das wahrscheinlichste Szenario sei die japanische Krankheit: „Sparprogramme führen zu anhaltender Stagnation. Keine Bankenunion und schwache Banken. Zunehmende Finanzierung der Problemländer durch die EZB.“ Bofinger plädiert für „Euro 2.0″: „Das heißt Überwachung der Haushaltspolitik, Gemeinschaftshaftung mit Schuldentilgungspakt, Eurobonds, Integrierte Aufsicht und Restrukturierung von Banken und Ausschluss von Ländern mit unsolider Politik.“ „Ein Euro mit instabiler Architektur ist eine große Gefahr für Europa. Euro 2.0 bietet den Mitgliedsländern die Chance,“ hofft Bofinger, „die geldpolitische Integration durch einen angemessenen fiskalischen Rahmen zu verfestigen. Deutschland braucht den Euro mehr, als Europa den Euro braucht.“
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