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Wegbereitung für Staatsinsolvenzen
Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2010
„Die Krise lehrt uns gerade, dass wir nicht dauerhaft mehr Staatsintervention brauchen“, sagt Steffen Kampeter, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen. Er sprach auf dem Eurobörsentag 2010 in Frankfurt am Main.Von Rainer Barzel stamme der Ausspruch, gute Ordnungspolitik fange mit Ordnung in der Politik an.
Menschen und Märkten sei gemeinsam, zu Übertreibungen zu neigen. Daher müsse man Grenzen setzen, sagt Kampeter. Es habe an „kritischer Masse“ an den Märkten gefehlt, um die Risiken mit bestimmten Finanzgeschäften vorauszusehen. Deutschland habe zwar keinen Subprime-Markt gehabt, aber die Aufsicht habe tatenlos zugesehen, wie sich auch deutsche Institute in diesen Märkten engagierten.
Es gehe nicht um mehr Regulierung, sondern um kluge Regulierung. Dieser Gedanke leite die Politik der Bundesregierung. Politik erschöpfe sich nicht in Maßnahmen, sondern in Zusammenhängen. Konsolidierung sei verantwortete Freiheit. Nur wer anständig wirtschaftet, kann auch Handlungsfähigkeit garantieren. Konsolidierung sei daher Freiheitssicherung, um den Staat handlungsfähig zu erhalten.
Ein großer Mangel der großen Koalition war es, Konsolidierung nur auf der Einnahmenseite zu praktizieren. Der staatliche Konsum könne nicht der Wachstumstreiber der Zukunft sein. Der Sozialstaat müsse ebenfalls treffischerer gemacht werden. Die Unzufriedenheit mit den sozialen Asymmetrien steige, je mehr in den Sozialstaat investiert werde. Soziale Gerechtigkeit sei nicht nur gegenüber den Geldnehmern zu prüfen, sondern auch gegenüber den Geldgebern.
Möglichst viel in Transferleistungen zu schieben, könne nicht Leitgedanke sozialer Gerechtigkeit sein. Als „Markenkern“ der Konsolidierungspolitik bezeichnet Kampeter, dass sich Konsolidierung und Schwerpunktsetzung nicht gegenseitig ausschließen. Forschungs- und Sozialausgaben haben nicht dieselbe Wirkung auf die Wirtschaft. „Das Gold, das wir haben, ist die Ausbildung der nachfolgenden Generation“, macht Kampeter klar. Die Bundesrepublik sei wieder als Bildungsrepublik zu positionieren.
„Rasenmäher“ klinge gut, sie aber in der Sache falsch. Der langfristige Schuldenabbau sei als Reaktion auf den demografischen Wandel nötig. Eine sinkende Bevölkerung habe einen steigenden Schuldenberg abzutragen. „Wir haben ein strategisches Interesse an der Begrenzung der Staatsschulden“, macht Kampeter klar. Der Gestaltungsspielraum der Politik müsse begrenzt werden, um die Handlungsfähigkeit zu sichern.
Ohne Veränderung der funamdentalen Daten seien die griechischen Spreads auseinandergelaufen. Man habe der Politik in Griechenland kein Vertrauen mehr geschenkt. „Es liegt ein großer Weg vor uns, nachhaltige Finanzpolitik in den Finanzmärkten zu kommunizieren.“ In den USA sehe man negative Multiplikatoren der Finanzpolitik.
Der Euro sei weder Ziel der Integration, sondern sei auch ein politisches Projekt. Wirtschaftliche Integration sei schon für Adenauer nur Instrument für die Einigung Europas gewesen. Auch die Ostpolitik von Willy Brandt habe in diese Richtung gezielt. Der Euro sei ein Instrument zur Absicherung der europäischen politischen Integration, dies sei auch für Dr. Helmut Kohl entscheidend gewesen.
Der Euro habe sich insbesondere für Deutschland gelohnt, da Deutschland die außenpolitische Autonomoie wiedergewonnen habe. Der Euro als Instrument der Integration sei eine Erfolgsgeschichte. Es gebe zwar Vorschläge, wer aus dem Euro raus solle, aber es wollen immer noch viel mehr hinein. Politisch und ökonomisch sei der Euro ein Erfolgsprojekt der Integration.
Die unbestrittene Krise des Euros habe auch mit Deutschland zu tun. Mit einem kurzfristigen, innenpolitischen Feldvorteil sei unter Hans Eichel der Euro aufgeweicht worden. Andere haben dann diese Fehlentscheidung Deutschlands zu ihren Gunsten genutzt. Die politische Führungskraft stehe in der vordersten Verteidigungslinie unserer Währung. Es gehe im politischen Sinne darum, ein politisches Commitment von Maastricht II zu schaffen. Im Kern gehe es um Regelungen, die ohne Änderungen der Verträge möglich seien.
Der präventive Charakter müsse gestärkt werden. Wirtschafts- und fiskalpolitisch müsse man sich enger koordinieren. Die nationale Verantwortlichkeit müsse gestärkt werden, damit die Aufgaben nicht nach Europa geschoben werden. Es müsse ein Staateninsolvenzrecht geschaffen werden. In kürzester Frist müsse ein staatliches Insolvenzrecht geschaffen werden, fordert Kampeter ein.
„Nur wer haftet, handelt verantwortlich“, sagt Kampeter. Nun werde mit Hochdruck daran gearbeitet, Risiko und Verantwortung wieder zusammenzuführen. Ein mehrstufiges System soll auch die Insolvenz von Finanzakteuren ermöglichen, ohne dadurch ein systemisches Risiko noch einzugehen.
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