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Welche ESG-Faktoren sind wesentlich

Von Dr. Oliver Everling | 31.Dezember 2024

Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.

Für Unternehmen ist eine wirksame Kommunikation von nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensinformationen gegenüber verschiedenen Stakeholdern von hoher Bedeutung. Der Nutzen einer durch die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) standardisierten Nachhaltigkeitsberichterstattung für deren Nutzer entsteht insbesondere dann, wenn sich Unternehmen auf wichtige, d.h. wesentliche, Themen fokussieren und damit auf verständliche Weise über die Auswirkungen des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsaspekte und den Einfluss von Nachhaltigkeitsaspekten auf die Entwicklung, die Lage und die Leistung des Unternehmens berichten. Zur Ermittlung, welche ESG-Faktoren als wichtig anzusehen sind, kann die im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD und ESRS verpflichtende Wesentlichkeitsanalyse herangezogen werden. Durch diese werden der Kontext des Unternehmens, d.h. die Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen sowie die betroffenen Stakeholdergruppen, analysiert sowie Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) von Nachhaltigkeitsaspekten identifiziert und bewertet.

Die ESG-Faktoren werden durch die CSRD in Umweltfaktoren, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren und Governance-Faktoren unterteilt. Umweltfaktoren umfassen Aspekte wie Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft. Sozial- und Menschenrechtsfaktoren beinhalten Gleichbehandlung, Arbeitsbedingungen und die Achtung der Menschenrechte. Governance-Faktoren konzentrieren sich auf die Rolle der Unternehmensführung und interne Kontrollsysteme.

Qualitative Merkmale von Nachhaltigkeitsinformationen spielen eine wichtige Rolle in der Berichterstattung. Diese Merkmale umfassen Relevanz, wahrheitsgetreue Darstellung, Vergleichbarkeit, Überprüfbarkeit und Verständlichkeit. Nachhaltigkeitsinformationen sind relevant, wenn sie bei Entscheidungen der Nutzer eine bedeutende Rolle spielen könnten. Nutzer sind sowohl bestehende und potenzielle Investoren und Kreditgeber als auch andere Stakeholder wie Geschäftspartner, Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft. Die Informationen müssen vollständig, neutral und korrekt sein, um die Substanz der dargestellten Phänomene wahrheitsgetreu wiederzugeben.

Ein zentraler Aspekt der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die doppelte Wesentlichkeit, die die Berücksichtigung sowohl der Auswirkungen eines Unternehmens auf ESG-Faktoren als auch der finanziellen Auswirkungen von ESG-Faktoren auf das Unternehmen erfordert. Ein Nachhaltigkeitsaspekt ist wesentlich, wenn er entweder wesentliche finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen hat oder das Unternehmen wesentliche Auswirkungen auf diesen Aspekt hat.

Die Wesentlichkeitsanalyse erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird der Kontext des Unternehmens analysiert, einschließlich der Geschäftsaktivitäten und -beziehungen sowie der betroffenen Stakeholdergruppen. Danach werden die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen, Chancen und Risiken identifiziert und bewertet. Bei der Bewertung von Auswirkungen wird zwischen tatsächlichen und potenziellen, positiven und negativen Auswirkungen unterschieden. Dabei werden Faktoren wie der Schweregrad, das Ausmaß und der Umfang der Auswirkungen berücksichtigt. Die Bewertung von Chancen und Risiken erfolgt auf der Grundlage ihrer Wahrscheinlichkeit und des potenziellen Ausmaßes der finanziellen Auswirkungen.

Die Konsolidierung der Ergebnisse beider Bewertungsdimensionen führt zu einer Liste wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen und den dazugehörigen IROs, die die Grundlage für die Berichterstattung im Nachhaltigkeitsbericht bilden. Diese Berichterstattung umfasst die Beschreibung des Prozesses der Wesentlichkeitsanalyse, die Identifizierung und Bewertung der IROs sowie die Darstellung der wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen im Zusammenhang mit der Unternehmensstrategie und dem Geschäftsmodell.

Die standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung kann den Mehrwert von ESG-Ratings auf der einen Seite einschränken. Auf der anderen Seite können ESG-Ratings an Aussagekraft gewinnen und besser kommuniziert werden, da die Nachhaltigkeitsberichterstattung eine verbesserte und standardisierte Datenbasis bietet, auf die Ratingagenturen zugreifen können. Die Uneinigkeit von ESG-Ratings, die oft durch unterschiedliche Messgegenstände und Datenbasen entsteht, kann durch die standardisierte Berichterstattung nach den ESRS verringert werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wesentlichkeitsanalyse nach den Grundsätzen der CSRD und ESRS für Unternehmen von großer Bedeutung ist. Sie ermöglicht eine fokussierte und verständliche Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sowohl die finanziellen als auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen eines Unternehmens berücksichtigt. Diese standardisierte Berichterstattung kann den Informationsnutzen für die Stakeholder erhöhen und gleichzeitig die Qualität und Vergleichbarkeit der ESG-Ratings verbessern. „Der Nutzen einer standardisierten Nachhaltigkeitsberichterstattung für deren Nutzer entsteht insbesondere dann, wenn sich Unternehmen auf wichtige, d.h. wesentliche, Themen fokussieren und damit auf verständliche Weise über die Auswirkungen des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsaspekte und den Einfluss von Nachhaltigkeitsaspekten auf die Entwicklung, die Lage und die Leistung des Unternehmens berichten,“ betonen Annika Brüning und Christopher Almeling.

Themen: Ratings | Kommentare deaktiviert für Welche ESG-Faktoren sind wesentlich

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