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Wieder ein Ende einer Europäischen Union

Von Dr. Oliver Everling | 8.Juli 2016

​In der Geschichte Europas gab es viele Versuche, die politischen Grenzen Europas an  die geographischen Grenzen Europas zu schieben. ​ Keiner dieser Versuche, selbst der Vorfahren der Italiener, haben je Jahrhunderte oder gar Jahrtausende überdauert. Seit dem es politische Herrschaft von Menschen über Menschen gibt, existieren Grenzen. „Es war klar,“ kommentiert Udo Schäfer aus Stuttgart, „dass die durch Schengen beseitigten Grenzen an anderer Stelle und eventuell anderer Form neu entstehen. Wer die nationalen Grenzen einreißen will, muss sich auch mit den Ideen der Gestaltung geopolitischer Großräume auseinandersetzen.“ Zwangsläufig lande der Suchende dann bei dem vom Weströmischen Reich inspirierten Staatsrechtler Carl Schmitt, z.B. seinem Werk „Der Nomos der Erde“.

Dieses geopolitische Denken ist in Deutschland politisch nicht korrekt, beobachtet Schäfer: „Die deutsche Politik hat Schengen begeistert zugestimmt, ohne über die Rolle Deutschlands im Zusammenspiel mit seinen europäischen Partnern in dem geopolitischen Großraum Schengen je ernsthaft nachgedacht zu haben. Die Öffnung der nationalen Grenzen ließ Grenzen in den Gesellschaften wieder deutlicher hervortreten.“ Schäfer meint zu sehen, dass die Spaltung der deutschen Gesellschaft, nicht nur in der Einwanderungsfrage, jetzt sichtbar ist. „Die Lager schotten sich immer weiter ab und führen nur noch einen Binnendiskurs. Schengen ist schon am zerbrechen, es geht nur darum, ob ein Kerneuropa noch zusammenbleiben kann oder ob z.B. die Visegrád-Staaten zusammen mit Österreich, Kroatien und Slowenien die Donau-Union bilden. Kerneuropa oder die Donau-Union werden eine Grenze haben, sicher mit Sperranlagen. Der Brexit beschleunigt diesen Prozess.“ 

Großbritannien hat sich dafür entschieden, eine Großmacht zu bleiben, die ihre Macht mit keiner anderen politischen Institution teilen will: die imperiale Seemacht Großbritannien wird ihre Atomwaffen behalten und sich keinerlei Mitbestimmung der Festlandeuropäer unterwerfen, folgert Schäfer. „Großbritannien wird auf seine Privilegien als Mitglied der Five Eyes nicht verzichten und sich nicht an deutsches Datenschutzrecht halten. Die USA sind im Ernstfall näher mit Großbritannien als mit Deutschland verbunden. Schon Benjamin Disraeli unterbreitete einen hellsichtigen Vorschlag in seinem Roman Tancred: Die Königin von England solle mit ihrem ganzen Hofstaat von London nach Delhi ziehen.“ Disraeli war der Meinung, das britische Reich sei eher eine asiatische als eine europäische Macht: „Er fühlte, dass die Insel kein Stück von Europa mehr war. Ihr Schicksal war nicht mehr notwendig mit dem Europas verbunden.“ 

Deutschland muss in den vorhersehbaren Turbulenzen nach dem Abgang von Kanzlerin Merkel ohne politischen Beistand von Großbritannien und den USA auskommen. „Beide angelsächsischen Mächte werden Deutschland mit den hilfsbedürftigen Mittelmeerländern sitzen lassen“, warnt Schäfer. „Denn nach der deutschen Bundestagswahl kommt der Grexit mit allen Nebenwirkungen für die europäische Finanzwelt. Dazu gehören auch die aus dem Gleichgewicht geratenen Target-Salden.“

„Das ist das Ende der jetzigen EU“, so das Fazit von Schäfer.

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