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Wirecard, Greensill, EY und Scope Ratings

Von Dr. Oliver Everling | 4.April 2023

Vor dem Hintergrund einer personellen Doppelrolle gewinnt eine kleine, aber doch wichtige Meldung der Börsen-Zeitung vom 2. März 2021 heute für eine Berliner Ratingagentur (CRA) „Scope“ an Bedeutung. „Die Finanzaufsicht BaFin prüft nach dem milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandal die Eignung des Abschlussprüfers EY“, schrieb die Börsen-Zeitung unter Berufung auf die Nachrichtenagentur Reuters und zitierte das Amtsdeutsch: „Die BaFin untersucht derzeit, ob eine Prüfung der Abschlüsse der von ihr beaufsichtigten Unternehmen durch die Ernst & Young GmbH WPG dazu führt, dass die Erreichung des Prüfungszwecks gefährdet wird, und falls ja, ob eine Gefährdung durch bestimmte Maßnahmen seitens der Unternehmen ausgeschlossen werden kann.“

Georg Graf Waldersee hatte jahrelang sowohl als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY), als auch als Vorsitzender des Aufsichtsrats dieser Scope SE & Co. KGaA mit ihrer zwar weniger bekannten, aber doch von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registrierten Ratingagentur gleichermaßen die oberste Kontrolle. Der Registrierungsstatus bei der ESMA sichert der Agentur eine Reihe von rechtlichen Privilegien an den Finanzmärkten.

Beide Gesellschaften, die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY) und die Scope SE & Co. KGaA, werden seit vielen Jahren so geführt, dass nur hohe Verluste gemeldet werden und daher kaum Haftungsmasse entsteht, gegen die Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten. Bei EY steht das Eigenkapital auf der falschen Bilanzseite. Die Verlustagentur Scope nimmt zur Fortführung ihres schon seit mehr als zwei Jahrzehnten – nach außen hin – „unprofitablen“ Geschäftsmodells immer weitere Gesellschafter auf. Ein grenzenüberschreitendes System aus Prominenten, Boards, „Botschaftern“ und Beiräten liefert dazu die vertrauenerweckenden Aushängeschilder.

Beim Haus der Scope SE & Co. KGaA zeigen sich allerdings erste Auflösungserscheinungen, denn unter https://scopegroup.com/boards-and-ambassadors finden sich keine „Ambassadors“ mehr (Seitenabruf vom 04.04.2023).

ESMA hat am 29. März 2023 der Scope Hamburg GmbH auf ausdrücklichen Wunsch der CRA die Registrierung entzogen (ESMA withdraws the CRA registration of Scope Hamburg GmbH). Die Widerrufsentscheidungen folgen den offiziellen Mitteilungen der Scope Hamburg GmbH an die ESMA vom 7. Februar 2023 über ihre Absicht, auf die spezifischen Registrierungen unter den in Artikel 20 (1) (a) der CRA-Verordnung (CRAR) festgelegten Bedingungen zu verzichten.

Im für EY relevanten Wirecard-Skandal ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche.

2021 fiel die Ratingagentur „Scope Ratings“ mit ihren hervorragenden Ratings für die insolvente Greensill Bank auf, zu der es ebenfalls personelle Verflechtungen im Aufsichtsrat gab.

Die Abschlussprüferaufsicht APAS hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY nun wegen Berufspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Fall Wirecard sanktioniert. Zu einer Geldstrafe kommen vorübergehende Einschränkungen bei der Übernahme von Neumandaten:

Die Beschlusskammer „Berufsaufsicht“ der Abschlussprüferaufsicht hat am 31. März 2023 ihre Entscheidung gefällt. Sie sieht bei der Prüfung der Abschlüsse der Wirecard AG und der Wirecard Bank AG in den Jahren 2016 bis 2018 Berufspflichtverletzungen als erwiesen an und hat Sanktionen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft selbst und fünf Wirtschaftsprüfer verhängt. Bei sieben weiteren Wirtschaftsprüfern wurden die jeweiligen Berufsaufsichts­verfahren wegen Verzichts auf die Bestellung als Wirtschaftsprüfer gesetzlich zwingend eingestellt, da die APAS nur eine Jurisdiktion über aktuelle Angehörige des Berufsstandes hat.

„Es handelt sich um das bisher umfangreichste von der APAS durchgeführte Verfahren (Umfangverfahren), bei dem anfangs gegen 12 Wirtschaftsprüfer und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hinsichtlich Berufspflichtverletzungen bei der Prüfung der Jahresabschlüsse 2016 bis 2019 (bei 2019 ohne Verstöße) der Wirecard AG und der Wirecard Bank AG ermittelt wurde“, berichtet APAS.

Die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle schreibt: „Die Sanktionen belaufen sich bei den natürlichen Personen auf Geldbußen von 23.000 Euro bis 300.000 Euro sowie bei der juristischen Person auf 500.000 Euro sowie ein Verbot für die Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse von zwei Jahren ab Bestandskraft des Bescheides (sog. Neumandate).“

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