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Wirtschaft und Wohlstand in Deutschland
Von Dr. Oliver Everling | 17.Februar 2025
Die FDP präsentiert mit ihrem Maßnahmenpaket für die ersten 100 Tage eine klare wirtschaftsliberale Agenda, die vor allem auf Steuerentlastung, Bürokratieabbau und eine Neuausrichtung der Energiepolitik setzt. Die geplanten Steuererleichterungen, darunter die Anhebung des Grundfreibetrags um 500 Euro und die steuerliche Befreiung von Überstunden-Zuschlägen, sollen Bürger und Unternehmen um insgesamt 15 Milliarden Euro entlasten. Auch die schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags und die Rückführung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf sieben Prozent sind zentrale Forderungen, die in Teilen breite Zustimmung finden dürften.
Beim Bürokratieabbau setzt die FDP auf eine radikale Strategie: Melde- und Dokumentationspflichten sollen probeweise für ein Jahr ausgesetzt werden, um nur jene Regelungen beizubehalten, die sich als tatsächlich nützlich erweisen. Dieser „Bürokratie-Stresstest“ könnte zwar die Wirtschaft kurzfristig entlasten, birgt jedoch das Risiko von Rechtsunsicherheiten – eine Abwägung, die die Freien Demokraten sorgfältig treffen müssen, da sie zugleich auch die Partei des Rechtsstaats sind. Die Abschaffung konkreter Maßnahmen wie der Bonpflicht und des deutschen Lieferkettengesetzes folgt dem bekannten Ansatz der Liberalen, wirtschaftliche Vorgaben stärker an Freiwilligkeit und Marktmechanismen zu knüpfen.
Besonders deutlich fällt die Kritik an der Europäischen Union aus. Die FDP sieht Brüssel als Hauptquelle überbordender Regulierung und fordert einen „Bürokratie-Stopp“. Vor allem das EU-Lieferkettengesetz, die Entwaldungsverordnung und die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie sollen gestrichen werden. Diese Haltung unterstreicht die wirtschaftsliberale Perspektive, steht aber im Kontrast zu den Zielen vieler EU-Partner, die auf mehr Transparenz und Nachhaltigkeit in globalen Märkten drängen.
In der Energiepolitik plädiert die FDP für eine Abkehr vom bisherigen Kurs. Sie fordert, das Klimaneutralitätsziel von 2045 auf 2050 anzugleichen, um sich dem EU-Durchschnitt anzupassen. Zudem sollen Energiepreise durch die Senkung der Stromsteuer und eine stärkere Nutzung konventioneller Energieträger stabilisiert werden. Besonders brisant sind dabei die Vorschläge zur Förderung von Fracking und modernen Mini-Atomreaktoren. Während diese Technologien in anderen Ländern bereits erprobt werden, stoßen sie in Deutschland auf erheblichen Widerstand. Die Realisierbarkeit dieser Maßnahmen dürfte somit stark von politischen Mehrheiten abhängen, die ohne die FDP nicht zu erringen sein werden.
Auch in der Digitalpolitik setzt die FDP auf Deregulierung und Effizienzsteigerung. Unternehmensgründungen sollen innerhalb von 24 Stunden möglich sein, zentrale Verwaltungsdienste über eine „Deutschland-App“ digitalisiert werden. Dies könnte dazu beitragen, die Gründerszene zu stärken und die oft als langsam empfundene Verwaltung zu modernisieren. Allerdings hängt der Erfolg solcher Initiativen stark von einer konsequenten Umsetzung ab, die in der Vergangenheit oft an föderalen Strukturen gescheitert ist, da in den Bundesländern meist Ministerpräsidenten aus der CDU oder der SPD regieren.
Insgesamt folgt das Maßnahmenpaket der FDP einer klar marktwirtschaftlichen Linie, die auf Entlastung, Deregulierung und technologieoffene Energiepolitik setzt. Viele der Vorschläge dürften in der Wirtschaft durchweg auf Zustimmung stoßen, während sie gleichzeitig auf Widerstand aus ökologischen und sozialpolitischen Lagern treffen.
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