« Deutschland schwächt sich selbst | Home | Zukunftshaushalt als Grundlage der Wirtschaftswende »
Wirtschaftspolitische Neuausrichtung zur Stärkung des Potenzialwachstums
Von Dr. Oliver Everling | 1.November 2024
Um Deutschlands wirtschaftliches Potenzial zu stärken und die strukturellen Schwächen zu überwinden, fordert das Bundesministerium der Finanzen ein Sofortprogramm in drei zentralen Handlungsfeldern. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Wachstumsdynamik zu entfesseln, eine wettbewerbsfähige Klimapolitik zu gestalten und den Arbeitsmarkt zu mobilisieren. Sie setzen klare Prioritäten in der Wirtschaftspolitik, um die Innovationskraft, Produktivität und langfristige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nachhaltig zu fördern.
Das erste Handlungsfeld adressiert die Notwendigkeit, der deutschen Wirtschaft neuen finanziellen und regulatorischen Spielraum zu verschaffen. Ein zentrales Element ist ein dreijähriges Moratorium für neue Regulierungen, das sämtliche bürokratischen Hürden überdenkt und die Bürokratielast senken soll. Auch im Bereich des „Green Deals“ sollen Nachweis- und Berichtspflichten auf ein Mindestmaß beschränkt werden, um Unternehmensressourcen besser auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren zu können. Ein weiterer Vorschlag betrifft die Unternehmensbesteuerung. Das Programm plädiert für einen schrittweisen Abbau des Solidaritätszuschlags und eine Senkung der Körperschaftsteuer, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und mehr Anreize für private Investitionen zu schaffen. Darüber hinaus ist die Förderung von Innovationssprüngen durch Wagniskapital ein Schwerpunkt. Hier sollen Start-ups und wachsende Unternehmen gestärkt und mehr privates Risikokapital mobilisiert werden.
Im zweiten Handlungsfeld zielt das Sofortprogramm auf eine europäisch ausgerichtete Klimapolitik, die Deutschland vom alleinigen nationalen „Klimaschutz-Sonderweg“ abbringt und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Deutschland soll sich stärker an den EU-Klimazielen orientieren, anstatt sich durch nationale Alleingänge zu belasten. Ein weitreichender Vorschlag ist der Ersatz nationaler Klimaziele durch europäische, um wirtschaftliche Verwerfungen und vermeidbare Kosten im Bereich der Dekarbonisierung zu reduzieren. Zusätzliche sektorale Ziele für Emissionen sollen abgeschafft werden, um das Gesamtsystem nicht unnötig zu verteuern. Darüber hinaus empfiehlt das Sofortprogramm den Ausstieg aus der Förderung erneuerbarer Energien durch staatlich garantierte Vergütungen, da diese Maßnahmen nicht nur ineffektiv, sondern auch finanzpolitisch belastend seien. Stattdessen soll die volle Bandbreite an Technologien zugelassen werden, beispielsweise Carbon Capture and Storage (CCS), um die Energiekosten langfristig zu stabilisieren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Das dritte Handlungsfeld konzentriert sich auf die Mobilisierung des Arbeitsmarktes und den Abbau von Fehlanreizen. Ein erster Ansatz ist die Beseitigung von Hürden, die der Ausweitung der Arbeitszeit entgegenstehen, um die effektiven Arbeitsstunden zu erhöhen und mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Vorschläge umfassen auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen, etwa durch die Umstellung von der täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Ein weiterer Ansatz ist die Bekämpfung der „kalten Progression“, die Lohnerhöhungen oft durch höhere Steuern entwertet und damit das Einkommen nicht nur gleichmäßig, sondern auch fairer verteilen soll. Ebenso soll die Rentenpolitik den demografischen Herausforderungen angepasst werden, um sicherzustellen, dass junge Generationen durch das Umlagesystem nicht unverhältnismäßig belastet werden.
Das Sofortprogramm betont die Dringlichkeit einer wirtschaftspolitischen Neuausrichtung, die auf einem starken Ordnungsrahmen basiert. So sollen die Bedingungen für Unternehmen geschaffen werden, die es ihnen ermöglichen, eigenverantwortlich auf die veränderten globalen und regionalen Marktanforderungen zu reagieren. Das Konzept einer marktwirtschaftlich orientierten Reform setzt dabei auf einen Ordnungsrahmen, der statt zentraler Steuerung Wettbewerb und Eigenverantwortung stärkt und die wirtschaftlichen Gestaltungsspielräume ausweitet. Dieses Programm zielt auf eine stabile, langfristig tragfähige Basis, die den Wirtschaftsstandort Deutschland stärkt und seine Attraktivität im globalen Wettbewerb sichert.
Themen: Länderrating | Kommentare deaktiviert für Wirtschaftspolitische Neuausrichtung zur Stärkung des Potenzialwachstums
Kommentare geschlossen.