« Beratungsförderung für KMU | Home | Wohl und Wehe von Bitcoin und Blockchain »
Zahlungsverzögerung – mehr Regel als Ausnahme
Von Dr. Oliver Everling | 13.Juni 2016
Der internationale Kreditversicherer Coface hat erneut das Zahlungsverhalten von Unternehmen im Raum Asien-Pazifik untersucht. Erich Hieronimus von der Coface stellt das Ergebnis aus der Befragung von fast 3000 Unternehmen in den acht Ländern Australien, China, Hongkong, Indien, Japan, Singapur, Taiwan und Thailand vor: Sieben von zehn (69,8%) Prozent der Unternehmen erlebten Zahlungsverzögerungen. Das ist keine Verbesserung zur Untersuchung im Vorjahr (69,9%). Am schlimmsten ist die Situation in Thailand, berichtet Hieronimus: Dort erhielt fast kein Unternehmen pünktlich sein Geld. 96,6 Prozent berichten von Verzögerungen.
Auch in Indien (84%), Singapur (80,7%) und China (80,6%) ist die Zahlungsmoral schwach ausgeprägt oder die Zahlungsfähigkeit angeschlagen. Denn als Hauptgründe gaben die befragten Unternehmen finanzielle Probleme ihrer Kunden (52%) an. Auch der Druck auf die Gewinne aufgrund des harten Wettbewerbs (35,6%) sowie schwierige Finanzierungsmöglichkeiten (26,4%) spielten eine Rolle. Weniger Probleme haben Unternehmen in Japan (45,4% mit Zahlungsverzögerungen) und Taiwan (48,6%), wenngleich auch dort fast die Hälfte der Lieferanten länger als vereinbart auf das Geld wartet.
85 Prozent der Unternehmen gewähren ihren Abnehmern den Lieferantenkredit, liefern also auf Zahlungsziel. Damit einher geht nicht nur das Problem des Zahlungsverzugs. Auch das Risiko, dass Forderungen ganz ausfallen, steigt. Denn nach Erfahrungen von Coface werden 80 Prozent der sehr lange ausstehenden Forderungen – über 180 Tage Verzögerung – nicht mehr bezahlt. Sind mehr als zwei Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens betroffen, ist in der Regel die eigene Liquidität und Zahlungsfähigkeit gegenüber Lieferanten gefährdet. Deshalb betrachtet Coface auch diesen Aspekt. Alarmierend sind die Anstiege der sehr hohen und lange überzogenen Außenstände in Indien (32% zu 24,1% im Jahr zuvor), China (33,4% zu 29,9%) und Singapur (35,2% zu 23,3%). Dagegen hat sich die Situation unter diesem Gesichtspunkt in Hongkong (23,9% zu 32,9%), Taiwan (10,2% zu 15,1%) und Thailand (7,0% zu 24,1%) verbessert. Am wenigsten haben Unternehmen in Japan damit zu tun. Dort gaben nur 2,9 Prozent (7,0%) an, solche Außenstände in den Büchern zu haben.
“Die Unternehmen in Asien haben deutlichen finanziellen Stress aufgrund der Zahlungsverzögerungen. Dies kommt zum Druck auf die Margen als Folge der Überkapazitäten und nachlassenden Nachfrage und dem härter gewordenen Wettbewerb hinzu. Auch 2016 dürfte sich die Zahlungssituation kaum verbessern“, erwartet Jackit Wong, Economist für Asien-Pazifik bei Coface.
Der Bau ist die derzeit am meisten gefährdete Branche in der Region Asien-Pazifik. Hier gab es die meisten Unternehmen mit sehr langen und hohen verzögerten Außenständen. Auch die durchschnittliche Überziehung um mehr als 90 Tage sowie die Summen der ausstehenden Forderungen stiegen an. Unternehmen aus dem Bereich Industriemaschinen und Elektronik hatten insgesamt am meisten mit Zahlungsproblemen zu tun. 78 Prozent gaben das an, im Jahr zuvor waren es 70 Prozent. Die Branchen Automobil und Transport erlebten 2015 eine deutliche Verschlechterung im Zahlungsverhalten gegenüber dem Jahr zuvor. Mehr Unternehmen verbuchten gestiegene Forderungsvolumen (35% zu 31%) und besonders lange Überziehungen (23% zu 14%).
Themen: Debitorenrating | Kommentare deaktiviert für Zahlungsverzögerung – mehr Regel als Ausnahme
Kommentare geschlossen.