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Zeitreise in das Jahr 2037
Von Dr. Oliver Everling | 24.April 2012
Dr. Alexander Ruddies von der Feri EuroRating Services AG nimmt die Teilnehmer der 25. Feri Frühjahrstagung mit auf eine Zeitreise in das Jahr 2037. Aus demographischer Sicht werde Europa an Bedeutung verlieren. Im Zuge der Globalisierung verschieben sich die ökonomischen Machtverhältnisse nach Asien, was auch politische Verschiebungen im internationeln Machtgefüge nach sich ziehen werde.
Mit zunehmendem ökonomischen Gewicht steige der politische Einfluss Chinas. Es sei aber keneswegs absehbar, dass China in der Zukunft zu einem demokratischen Rechtsstaat werde. „Übernimmt China in der Zukunft die Führungsrolle?“ Das fragt Ruddies und fügt weitere Fragen hinzu: „Renminbi als Leitwährung? Höher Anteil der Stimmrechte in internationalen Organisationen? Lösung internationaler Konflikte?“
Sowohl die Verschuldungskrise als auch die Globalisierung erfordern aktives Handeln, macht Ruddies deutlich und zeigt zwei mögliche Pfade der Entwicklung auf, einerseits die Rückkehr zum Einzelstaat nach Auseinanderbrechen der Währungsunion, andererseits die Verstärkung der Integration durch Weiterentwicklung der Währungsunion.
Von Anfang an seien die Bedingungen für eine erfolgreiche Währungsunion verletzt worden. Währungsunionen waren historisch fast immer instabil, z.B. die skandinavische Münzunion (1873 – 1914), die Lateinische Münzunion (1865 – 1927) und die Deutsch-Österreichische Münzunion (1857 – 1867). Das Auseinanderbrechen der Währungsunion wäre daher nur die Korrektur eines Fehlers.
Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion habe kurzfristig negative ökonomische Konsequenzen, nämlich Chaos durch massive Unsicherheit, Verwerfungen im Bankensystem (Abschreibungen, Rekapitalisierungen, Verstaatlichungen) aufgrund der Interdependenz von Forderungen und Verbindlichkeiten im europäischen Finanzsystem, Zusammenbruch des Interbankenmarktes, starke Beschränkung der Unternehmensfinanzierung über Banaken, Kollaps der Exportfinanzierung (ähnlich wie Ende 2008), negative Effekte durch Kapitalverkehrskontrollen und Kollaps von Unternehmen durch Abwertung und Brüche in der Angebotskette.
Insgesamt werde es zu einer Umkehrung der Erfolge aus der Integration kommen, das Wegbrechen eines großen Marktes in Südeuropa bzw. Des gemeinsamen Marktes, der für Handel, Integration und die Realisierung von Skalenerträgen steht. Höhere Kosten der integrierten Angebotsketten, höhere Transaktionskosten und eventuell langfristige Kapitalverkehrskontrollen wären weitere, langfristige Folgen. Speziell Deutschland würde belastet, zumal mit der Zunahme der Häufigkeit und des Ausmaßes exogener Schocks wie auch mit der Gefahr von wiederholten massiven Aufwertungen gerechnet werden müsste.
„Die Währungsunion stiftet viel mehr als nur ein ökonomischen Nutzen“, sagt Ruddies. „Auseinanderbrechen bedeutet massiven Rückschritt in der europäischen Integration. Die Friedensdividende konnte bislang eingefahren werden, weil der Prozess der europäischen Integration immer weiter vorangetrieben wurde.
„Europa bleibt eine Frage von Kried und Frieden und der Friedensgedanke also das Bewegungsgesetz der europäischen Integration“, zitiert Ruddies Alt-Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl. Letztlich drohe Deutschland die Isolation, denn Deutschland sei zu groß und doch zu klein. Latente Angst in Europa vor deutscher Macht führe zu politischer Abwehrhaltung.
Insgesamt drohe Europa Verlust von ökonomischer und politischer Handlungsmacht. Ohne euroopäische Integration würden viele Probleme nicht oder unzureichend gelöst, z.B. in der Sicherheits- und Außenpolitik, Umweltpolitik und Wettbewerbspolitik. Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion würde für geringere Verhandlungsmacht Europas gegenüber Asien und den USA sorgen.
Der Gegenentwurf besteht in der Integrationslösung, indem die Verschuldungskrise durch Abbau von Ungleichgewichten überwunden wird. Ohne weitreichende Reformen der Finanz- und Geldpolitik werde dies nicht möglich sein. Gemeinsames Vorgehen bedinge auch eine politische Union. „Bisherige Währungsunionen sind immer dann gescheitert,“ warnt Ruddies, „wenn die politische Integration zu gering war.“
Ruddies belässt es nicht bei der Analyse des Status Quo und der Konsequenzen der unterschiedlichen Handlungsoptionen, sondern listet Anforderungen an die Finanzpolitik auf. Ruddies zeigt, welche Mechanismen bisher gescheitert sind und wie ein Fiskalunion genau ausgestaltet sein müsste.
Ruddies skizziert die Elemente einer realistischen Wachstumsstrategie für Europa, die an Strukturreformen, demographischen Reformen und der Förderung ausgewählter Bereiche ansetzt. In zukunftsrelevanten Bereichen schneide Europa vergleichsweise schlecht ab.
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