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Zentralbankmonopol als Krisenursache
Von Dr. Oliver Everling | 18.November 2008
Prof. Dr. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt Deutschland der Barclays Capital, sieht eine weltweite Verstaatlichungswelle auf private Banken zurollen. Indem einzelne, schwache Banken staatliche Hilfen in Anspruch nehmen und von staatlichen Garantieren profitieren, würden die verbliebenen, noch starken privaten Banken geschwächt: Denn Kunden würden tendenziell ihre Einlagen zu solchen Banken verschieben, die durch den Staat geschützt würden. Damit geraten die noch gesunden Kreditinstitute immer mehr in Schwierigkeiten, bis diese ebenfalls staatliche Hilfen benötigen würden. Polleit sprach auf der Morningstar Investment Konferenz 2008 im Kurhaus Wiesbaden (www.morningstar.de).
Der gesamte Geldmarkt werde durch bilaterale Prozeduren zwischen der Geschäftsbank und der Notenbank substituiert. Die Zentralbanken seien zu den Market-Makern geworden. Die Belastungen im Finanzmarkt zeigen sich noch deutlich an den US-Libor-Spread. Die Risikoaversion zeige sich an den hohen Spreads, die als Risikoaufschlägen immer noch verlangt würden. Die Risikomaße zeigen immer noch auf hohe Anspannungen.
„Unser Finanzsystem ist eine Dauerschuldnerei“, sagt Polleit. Man tilge nicht, sondern nehme neuen Kredit auf. Banken seien „Dauerschuldner in dem Geldsystem, in dem wir aktiv sind“, die Refinanzierungskosten seien deutlich angestiegen. Auch die Hypo Real Estate habe es kein primäres Problem auf der Aktivseite gegeben, sondern es habe niemanden gegeben, der die Refinanzierung darstellen wollte. Polleit warnt davor, dass auch die Länder mit ähnlichen Problemen der Refinanzierung wie die Banken konfrontiert sein werden.
Mehr als 530 Mrd. Euro an Bankanleihen werden in den nächsten 12 Monaten fällig. „Ist das viel? Ja, das ist viel“, unterstreicht Polleit. Die Beträge müssten in Relation zum Volkseinkommen gesehen werden, daran ließe sich ausmachen, dass „ein Hebel von 320 % auf dem Volkseinkommen sitze“. Das Defizit der Bundesrepublik Deutschland würde auf 10 % springen, wenn der Staat die Last auffangen wolle – eine Größenordnung, die in Deutschland noch nie und selbst in der schlimmsten Krise Japans nicht erreicht wurde.
Geld sei durch nichts gedeckt, außer durch das Versprechen der Regierungen, ihre Notenpressen nicht zu missbrauchen. Das Papiergeld, das jedem Studenten als „normal“ vermittelt werde, beruhe auf Bankkrediten: Die Versuchuldungslasten der Volkswirtschaften seien immer weiter angestiegen. In Relation zu nominalem und realem Volkseinkommen sei das Kreditangebot exponentiell gestiegen. Würden die Banken aus betriebswirtschaftlichen Gründen das Kreditangebot einschränken, werde man eine Deflation bekommen.
Wie ein Luftballon werde durch das Kreditangebot zunächst das Geldvolumen aufgeblasen, werde das Kreditangebot eingeschränkt, schrumpfe die Geldmenge ebenso wieder zusammen. Polleit bezweifelt, dass das den Banken angebotene Eigenkapital dazu verwendet werde, neue Kredite auszureichen. Um das Kreditangebot nicht schrumpfen zu lassen, könnten theoretisch Förderbanken einspringen. Diese verfügen aber nicht über die notwendigen Strukturen, um einer solchen neuen Aufgabe nachzukommen.
„Die Notenbanken funktionieren wie ein Mülleimer“, bringt Polleit auf den Punkt. Keine andere Bank wachse zurzeit so schnell wie die Fed oder die EZB. Die Zentralbanken seien dazu übergegangen, den Geschäftsbanken ihre hoch riskanten Papiere abzukaufen. In der großen Depression 1933 lag die Gesamtverschuldung der USA bei rund 260 % des Bruttoinlandsprodukts. Inzwischen sei die US-Verschuldung aber um ein ganzes Bruttoinlandsprodukt höher.
Polleit warnt davor, in einem niedrigen Zins den Ausweg zu sehen. Die Notenbanken würden möglicherweise den Zins auf Null senken. Der „hässliche Kapitalist“ würde nun eingeschnürt. Mit einer Kreditkrise im Rücken würden die Weichen der Weltwirtschaft nun gestellt. Polleit befasst sich mit den Rezepturen: Der Kapitalismus habe nicht funktioniert, die freien Märkte haben nicht funktioniert, die Selbstregulierungsmechanismen habe nicht funktioniert.
Diesen Vorstellungen tritt Polleit klar entgegen: Es sei gerade die staatliche Notenbank, die zu der Krise beigetragen habe. Das monetäre, planwirtschaftliche System habe versagt. Notenbanken seien staatliche Monopolbetriebe. Die Notenpresse werde angeworfen, um die Probleme zu bewältigen. Polleit redet einem Goldstandard das Wort, durch das der Wert einer Währung einen realen Bezug erhalte. Das Geld könne so privatisiert werden. Gold würde zum Ankermedium des Systems werden – im Tagesgeschäft wäre dies nicht zu merken, nur dass eben die Banken nicht ohne Gold ihr Kreditangebot erhöhen könnten. Statt den Ursachen auf den Grund zu gehen, würde zurzeit der Weg des „Kurierens an den Symptomen“ gewählt.
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